Segeltörn Karibik 2019

Mittwoch, 27.11.: Fahrt mit dem Zug nach Basel, wo ich als gut erzogener Schweizer das Taxi, das in der Reihe zuvorderst wartet, berücksichtige. Der junge Fahrer hat aber offensichtlich Mühe mit seinem Navi, er findet das Hotel Ibis-Airport in St. Louis nicht und irrt umher. Glücklicherweise habe ich mich vorgängig über den Preis für die Fahrt informiert, als der Gebührenzähler diese Limite erreicht hat, bitte ich den Fahrer, anzuhalten. Ich mache ihm klar, dass er genau zwei Möglichkeiten habe, entweder er friere den Stand des Gebührenzählers ein und suche weiter oder er rufe per Funk ein neues Taxi auf seine Kosten. Er entscheidet sich für die erste Möglichkeit und so erreiche ich trotzdem noch das Hotel zum üblichen Fahrpreis.

Donnerstag, 28.11.: Frühe Tagwache, ich muss um 5.50 Uhr spätestens einchecken, der Shuttle des Hotels bringt mich zum Airport. Ich fliege mit HOP nach Paris-Orly, wo ich nach einem ruhigen Flug um 7.30 Uhr lande. Da der Weiterflug nach Martinique erst um 13.25 vorgesehen ist, habe ich genügend Zeit, was offensichtlich die Sicherheitsbeamten beim Check-In auch wissen, jedenfalls durchsuchen sie geschlagene dreiviertel Stunden meinen spärlich gepackten Rucksack. Ich weiss zwar nicht, was sie suchen, aber ich weiss, dass sie nichts Illegales finden werden, so ist es dann auch. In der Abflughalle hole ich das noch ausstehende Frühstück nach (der Name des Cafés passt). Gegen Mittag nehme ich dann die übrigen Törn-Teilnehmer in Empfang, die später von Basel abgeflogen sind. Der Flug nach Martinique ist ruhig und ereignislos, am Flughafen erwartet uns der Fahrer des vorgängig reservierten Taxis, sein Name ist Kalonji, er wird uns in den kommenden zwei Tagen noch viel Freude bereiten. Er fährt uns nach Les Trois-Ilets, wo sich unsere temporäre Unterkunft im Village Créole befindet.

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Freitag, 29.11.: Wir haben bei Kalonji eine tägige Tour gebucht und dieser Tag wird uns ewig in Erinnerung bleiben, und zwar aus drei wesentlichen Gründen: 1. die Tour ist sehr abwechslungsreich, zum Teil auch abenteuerlich, 2. Kalonji weiss sehr viel über Martinique, über die Bewohner, die Geschichte und die Vegetation und 3. seine Mutter hat verschiedene Rums zusammengestellt, die wir den ganzen Tag immer wieder probieren. Höhepunkt der Tour ist sicher der abenteuerliche Marsch durch ein Bachbett (inkl. Schwimmen) zu einem Wasserfall. Nur schon der Abstieg fährt in die Knochen, die Höhe der Stufen würde keiner SUVA-Überprüfung standhalten. Aber es macht mächtig Spass und lässt den beschwerlichen Rückweg bald vergessen, ohnehin wartet ja oben bereits eine weitere Kreation Rum auf uns. Kalonji ist ein fantastischer Gastgeber, nach einem erlebnisreichen Tag und einem feinen Nachtessen im Village Créole fallen wir todmüde ins Bett.

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Samstag, 30.11.: Heute beginnt unser Törn. Kalonji fährt uns im Laufe des Morgens nach Le Marin, wo Jeannine, Peter und die Oscar V (unser Katamaran) auf uns warten. Wir verbringen den Nachmittag mit Einkaufen und Bunkern unserer persönlichen Habe, beziehen die Kabinen und machen uns, so weit möglich, einmal mit dem Schiff bekannt. Mit einem Nachtessen in einem gemütlichen Restaurant und einem Schlummertrunk an Bord geht der Tag zu Ende, wir legen uns in die Kojen, morgen soll der erste Segeltag sein.

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Sonntag, 1.12.: Nach einem feinen Morgenessen, zubereitet von Jeannine und Peter, laufen wir aus Le Marin aus, unser erstes Ziel ist die Insel St. Lucia. Unser Ankerplatz befindet sich in der Soufrière Bay, die markanten Kegel des Gros Piton und des Petit Piton fallen uns schon von weitem auf. Nach einem grandiosen Sonnenuntergang kommen wir in den Genuss eines exzellenten Nachtessens, Jeannine und Skipper Peter verwöhnen uns nach Strich und Faden. Nach einem gemütlichen Absacker schlafen wir erstmals auf diesem Törn an einer Boje, ich – wie geplant – an Deck, bis die ersten Regentropfen fallen, die mich in die Kombüse vertreiben.

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Montag, 2.12.: Nach einem erfrischenden Bad und einem ausgiebigen Frühstück lösen wir früh die Leinen, unser heutiges Ziel ist der Hafen Port Elizabeth auf der Insel Bequia, mit 18 km² die grösste Insel des vincentischen Teils der Grenadinen, das bedeutet ein relativ langer Schlag. Nach einer etwas unruhigen Fahrt unter Segel erreichen wir im Laufe des Nachmittags den Hafen und gehen an eine Boje. Nach dem obligatorischen Hafentrunk lassen wir das Dingi zu Wasser und fahren an den Frangipani-Steg. Pesche geht einklarieren und für uns ist es jetzt an der Zeit, East Caribbean Dollars zu beschaffen, die Währung, die von nun an bis zur Rückkehr nach Martinique unser monetärer Begleiter sein wird. Wir erkunden kurz das kleine Städtchen und vergnügen uns anschliessend bei einem Drink in der Whaleboner-Bar. Zurück beim Dingi zeige ich erstmals meinen – noch nicht patentierten – Schnelleinstieg, was unter meinen Segelfreunden ungläubiges Staunen und lautes Gelächter auslöst. Das Nachtessen nehmen wir in einem örtlichen Restaurant ein, bevor wir nach dem Absacker müde in die Kojen sinken.

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Dienstag, 3.12.: Am Morgen lösen wir uns von der Boje, unser heutiges Ziel ist die private Insel Mustique, wo – wegen ihrem Luxus und der Abgeschiedenheit - unter anderen Bryan Adams, Mick Jagger, David Bowie oder Tommy Hilfiger ihre «Privathäuschen» haben. Einen Teil davon sehen wir auf einer kleinen Inselrundfahrt, der eher wortkarge Chauffeur zeigt uns diese. Auf Schritt und Tritt stossen wir auf Schildkröten jeder Grösse. Nachher lassen wir uns in der berühmten Basil's Bar einen Drink schmecken, da an einer Wand verschiedene Instrumente hängen, kann ich es mir nicht verkneifen, einer Zugposaune ein paar kakophonische Töne zu entlocken. Das wiederum exzellente Nachtessen nehmen wir auf unserer Oscar V ein, bevor wir uns in den Schlaf fallen lassen.

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Mittwoch, 4.12.: Nach dem obligaten Morgenbad ist es wieder Zeit zum Frühstücken, was wir ausgiebig geniessen. Unser heutiges Ziel ist die Salt Whistle Bay auf der Insel Mayreau und liegt etwa 19 Seemeilen von unserem Ausgangspunkt entfernt. Wir finden einen guten Platz, den Nachmittag verbringen wir mit Schwimmen, einem Ausflug an den Strand, wo es auch T-Shirts und anderes «Gekleide» zu kaufen gibt. Natürlich ist der Besuch einer Bar nicht zu umgehen, es einfach unglaublich, wie viele Drinks man mit Rum machen kann. Gegessen wird wieder auf dem Katamaran, wie immer unglaublich gut und ausgiebig. Der Tag hat uns müde gemacht und so ist nach einem wiederum ereignisreichen Tag relativ früh Schlafen angesagt.

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Donnerstag, 5.12.: Heute steht uns ein besonderer Leckerbissen bevor. Zuerst müssen wir aber zu den Tobago Cays segeln, eine Gruppe von fünf kleinen Inselchen, eine absolute Traumwelt. Kaum haben wir die passende Boje gefunden, rauscht auch schon «Free Willy» mit seinem abenteuerlichen Boot heran. Bei ihm werden wir am Abend Langusten (nicht Hummer!) essen. Vorher ist aber in der traumhaften Bucht Schnorcheln angesagt, ich ziehe es vor, an Bord zu bleiben und ein bisschen zu relaxen. Am Abend holt uns «Free Willy» mit seinem Boot ab und bringt uns auf eine andere kleine Insel. Im Freien, direkt am Strand, widmen wir uns nun dem Verspeisen der Langusten, die ausserordentlich gut schmecken, dazu trinken wir Rotwein. Nach diesem nicht alltäglichen Menü bringt uns «Free Willy» zurück zum Boot, wo wir nach einem Absacker die Kabinen «entern», ich bleibe – wie immer – an Deck, bis mich der erste Regenguss wieder in die Kombüse verjagen.

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Freitag, 6.12.: Heute ist «Samichlaus» und eine entsprechende «Chappe» haben wir an Bord. Nach Baden und Frühstücken machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel, das ist Clifton auf Union Island, gleichzeitig auch der «Point of Return», von hier aus wird es wieder Richtung Martinique gehen. Bevor wir aber Clifton ansteuern, machen wir noch einen Schnorchel- und Badehalt in der Saline Bay auf Mayreau, auch eine Bucht mit wunderschönem Strand. Anschliessend segeln wir nach Clifton und gehen dort vor Anker. Im Städtchen herrscht Betrieb, irgendein lokaler Lauf ist im Gange und wir begegnen lauter fröhlichen Menschen. Dafür, dass mich meine Mitsegler jeden Tag so «fürsorglich» betreuen, lade ich alle am Abend zum Nachtessen ein und wir geniessen das, diejenigen, die an Bord immer für unser leibliches Wohl besorgt sind, haben das sowieso verdient. Müde von dem an diesem Tage Erlebten sinken wir dann bald einmal ins Bett.

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Samstag, 7.12.: Ab heute segeln wir wieder Richtung Martinique. Auf dem Weg in die bereits einmal angelaufene Salt Whistle Bay machen wir einen Badehalt auf Palm Island, einer kleinen Insel mit einer Gesamtfläche von lediglich 0,55 km². Wir geniessen das warme Wasser. In der Salt Whistle Bay «werfen» wir zum ersten Mal den sich an Bord befindlichen Holzkohlengrill an und Pesche grilliert wunderbares Fleisch, währenddessen die Frauen in der Kombüse die köstlichen Beilagen zubereiten. Nach einem lockeren Segeltag plaudern wir nach dem Nachtessen noch über Gott und die Welt und begeben uns dann zur Ruhe.

Sonntag, 8.12.: Heute stehen uns lockere 25 Seemeilen Segeln bevor, unser Ziel ist noch einmal Bequia. Diesmal machen wir eine Inselrundfahrt, die uns auch auf die Atlantikseite führt. Dazwischen besuchen wir eine Wasserschildkröten-Station, hier werden kleine Tiere aufgepäppelt und nach ca. 4 Jahren wieder in die Freiheit entlassen. Die Anlage zeigt den ganzen Enthusiasmus des Betreibers. Nach der Rückkehr ist «Lädele» angesagt, nach einem ausgiebigen Apéro kehren wir auf die Oscar zurück und genehmigen uns ein ausgezeichnetes Nachtessen. Dafür werden wir mit einem fantastischen Sonnenuntergang belohnt. Nach dem Schlummertrunk ist wieder einmal Schlafen angesagt.

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Montag, 9.12.: Unser heutiges Ziel ist die Blue Lagoon auf St. Vincent, für einmal ein relativ kurzer Trip. Wir verlassen Bequia deshalb gegen Mittag, der Wind ist uns gnädig gesinnt. Über der Blue Lagoon brauen sich dunkle Wolken zusammen, es könnte wieder einmal einen kräftigen Regenguss, wie zu dieser Zeit in der Karibik üblich, geben. Wir «hängen» uns an eine Boje und genehmigen uns den obligaten «Hafendrink». Gegessen wird auf dem Schiff, wie immer ein Festschmaus, ein «wenig» Alkohol, und unser Glück ist perfekt. Wir gehen relativ früh zu Bett, morgen steht uns ein langer Schlag bevor.

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Dienstag, 10.12.: Heute ist früh Tagwache, unser nächstes Ziel ist die Marigot Bay auf St. Lucia, das sind über 50 Seemeilen. Nach dem Frühstück lösen wir die Leinen und gehen unter Segel Richtung Tagesziel. Sobald wir aus der Abdeckung der Insel herauskommen, wird die See kabbelig, die Strömung vom Atlantik ist ganz deutlich zu spüren und es schüttelt uns ordentlich durcheinander, bei durchschnittlich 10 Knoten Fahrt. Am späteren Nachmittag erreichen wir die Marigot Bay, Pesche findet den besten Platz am Steg, direkt vor dem Restaurant «Hurricane Hole», und das nach einem nicht ganz leichten Anlegemanöver, dass aber unser Skipper wie immer ruhig und professionell meistert. Heute ist individuelles Nachtessen an Land angesagt, ich entscheide mich für Doolittles Restaurant, wo es feines Steak auf heissem Stein gibt. In der Marigot Bay wurde übrigens auch der Film «Dr. Doolittle» gedreht wurde. Nach einem Schlummertrunk in einer Bar steht Schlafen auf dem Programm.

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Mittwoch, 11.12.: Wir bleiben noch einen Tag in der Marigot Bay und benutzen diesen für einen Ausflug auf St. Lucia. Wir besuchen den noch aktiven Vulkan Sulphur Springs, der Schwefelgeruch sticht uns schon von weitem in die Nase. Am Grund brodelt die braune Brühe und Rauch steigt auf. Eine fantastische Pflanzenwelt bietet der Diamond Botanical Garden, ein naturbelassener Regenwald mit einem wunderschönen Wasserfall. Leider ist der Buschauffeur sehr wortkarg, von ihm erfahren wir nicht viel über die Insel und ihre Geschichte. Den restlichen Nachmittag verbringt jeder individuell, am Abend ist wieder gemeinsames Nachtessen.

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Donnerstag, 12.12.: Nachdem Pesche ausklariert hat, verlassen wir die malerische Marigot Bay, unser Ziel ist die Rodney Bay, wo wir ein letztes Mal vor Anker übernachten werden. Das ist ein kurzer Trip. In der Rodney Bay befindet sich auch die offizielle Ziellinie der jährlichen «Atlantic Rally for Cruisers», an welcher jedes Mal gegen 300 Boote in verschiedenen Kategorien teilnehmen. Die Folgen dieser Rally bekommen wir zu spüren, an Land wird für die ankommende Schiffe gefestet und die laute Musik bis in die frühen Morgenstunden bringt uns um den verdienten Schlaf.

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Freitag, 13.12.: Das berüchtigte und von vielen Menschen gefürchtete Datum hält uns nicht davon ab, die letzten rund 30 Seemeilen unseres fantastischen Törns in den Kleinen Antillen unter die «Segel» zu nehmen. Nach einem ausgiebigen Frühstück holen wir den Anker ein, nach einer kurzen Strecke unter Motor setzen wir die Segel und fahren Richtung unserem seinerzeitigen Ausgangspunkt, Le Marin. Es dauert eine Weile, bis wir anlegen können, das Funkgerät der Charterfirma scheint nicht zu funktionieren, doch schliesslich liegen wir am Steg und die offizielle Rückgabe nimmt ihren Lauf. Am Abend gehen wir zum letzten Mal gemeinsam Nachtessen, ich bin etwas traurig, dass diese wunderbare Reise nun ein Ende haben soll.

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Samstag, 14.12.: Nach einer letzten Übernachtung auf der Oscar V bringt uns ein Taxi am frühen Nachmittag zum Flughafen Le Lamentin, von wo aus uns die Boeing 777 der Air France am Abend nach Paris fliegt, wo wir am Sonntagmorgen früh sicher landen. Der Anschlussflug nach Basel-Mulhouse ist erst für Mittag vorgesehen, auch diesen Flug überstehen wir trotz einmal Durchstarten bei der Landung unbeschadet. Der gegenseitige Abschied fällt uns schwer, nach wunderbaren 17 Tagen geht nun jeder wieder seines Weges.