Hurtigruten 2003/2004
Über diese traumhafte Schiffsreise über Weihnachten/Neujahr ist das nachstehende Tagebuch entstanden:
23.12.: 0600 geduscht, Bea geweckt, angezogen,Kaffeemaschine eingeschaltet, krampfhaft nach Bahntickets gesucht, gut versteckt aber gefunden, bescheidenes Morgenessen, 25 Minuten nach 07.00 zum Haus hinaus, Zug 07.36 nach Zürich Flughafen, Boardingkarte für Bea abgeholt, noch Geld gewechselt, langer Weg zum Terminal E unter die Füsse genommen, unser Gate ist natürlich ganz am Ende, kein geordnetes Einsteigen, Sicherheitsbeamtin noch "Schnarchgerät" erklärt. Gepäckablagen über den Sitzen der KLM-Boeing 737 schon fast besetzt, relativ pünktlicher Take Off, ruhiger Flug über den Wolken nach Amsterdam, Umsteige-Gate natürlich auch am Ende (Nr. 84 von total 87), leichte Verspätung der Boeing 737-400, einmal ein paar Turbulenzen, man merkt, dass man nordwärts fliegt, es wird schnell dunkel, saubere Landung in Bergen um 16.00, es ist schon fast Nacht, mit Taxi zum Hotel "First Marin" (NOK 280 inkl. Trinkgeld), eingecheckt, dann "Lädele" gegangen, Norwegermütze für mich gekauft (NOK 228), nachher in PEPPES Pizzaladen die grösste Pizza meines Lebens gegessen, Essen teuer, eine Large und eine Medium kosten zusammen mit einem halben Rotwein und zwei Colas NOK 603. Nachher noch grosses und schönes Warenhaus durchstöbert (Läden Mo - Fr bis 20.00 offen), nichts gekauft. Um 20.00 zurück im Hotel, Notizen gemacht, noch gelesen und dann geschlafen.
24.12.: 08.00 erstmals aufgewacht, draussen scheint es noch Nacht zu sein, Geräusch wie Regen (es war Regen), Frühstück vom Buffet, vorwiegend deutsche und englische Gäste, aus den Gesprächsfetzen entnehme ich, dass die meisten mit Hurtigruten unterwegs sein werden, Dame an der Rezeption sagt zu, dass wir das Ziimmer bis 15.00 behalten können, im übrigen lege die Trollfjord heute ausnahmsweise direkt am Kanal unten an der Strasse an, so dass wir auf ein Taxi verzichten können. Nachher im strömenden Regen spazieren gegangen, wasser- und winddichte Hosen für mich gekauft, da Jeans bereits nass (linke Socke übrigens auch, der Schuh scheint nicht mehr ganz dicht zu sein), für Bea auch noch gesucht, aber keine gefunden, Da alle McDonald's und Burger King geschlossen sind, kaufen wir in einem Laden Käse und Brot und verpflegen uns im Zimmer, die nasse Socke wird zum Trocknen aufgehängt. Zum Käse einen australischen Shiraz/Cabernet aus der Minibar getrunken, unübliche Grösse mit 1.875 dl, Preis 80 NOK. Um 14.30 kommt das Schiff und wir können es bereits entern. Schnell Kabine bezogen, ausgepackt und verstaut, nachher noch einmal kurz vom Schiff, um zu fotografieren. Nachher trinke ich
ein Bier an der Bar, Bea legt sich ein wenig hin. Dann Umziehen zum Weihnachtsbuffet und Anstehen zur Tischeinteilung. Viele Krawatten und Abendkleider, wir normal, da keine Kreuzfahrt. Kapitän hält eine Rede in drei Sprachen (norwegisch, englisch und deutsch, norwegisch kann er eindeutig am besten). Wie immer bei Buffets: es wird eine virtuose Schlacht, aus der wir uns heraushalten. Nach der Weihnachtsfeier in den verschiedenen Salons verfolgen wir die enge Ausfahrt aus Bergen (punkt 24.00), dann Schlafengehen bei ruhigem Wasser.
25.12.: Ganz schlechte Nacht, Puls in ungeahnter Höhe, nichts geschlafen, dazu unruhiger Seegang, darunter leidet vor allem Bea. Erst gegen 11.00 aufgestanden, fühle mich besser, trotz Verspätung erhalten wir noch einen sehr guten Tisch für den Rest der Reise. Während Mittagessen Anlegen in Alesund, benutzen die Gelegenheit zu einem kleinen Stadtbummel bei strömendem Regen. Nächste Station ist Molde, vorher sitzen wir in der Panorama-Bar und geniessen während der Fahrt die Landschaft durch die grossen Panoramascheiben. In Molde kommen norwegische Kinder an Bord und singen ein paar Weihnachtslieder. Nachher Nachtessen, es gibt Pilzsuppe, Entenbraten und norwegischer Pudding mit Beeren. Unsere Nachbarn sind zwei gemütliche Paare aus England, mit den wir uns auf Anhieb gut verstehen. Bea verabschiedet sich frühzeitig, da unangenehmer Seegang aufkommt. Ich folge etwas später, aufgrund der vorausgegangenen schlechten Nacht ist auch bei mir Schlaf angesagt. Schnell zappen im Fernsehen, Tagebuch schreiben, noch etwas im Krimi lesen und dann schlafen. Kristianssund wird gegen 22.00 angelaufen, vielleicht nehme ich das physisch noch wahr.
26.12.: Ganz ruhige Nacht, acht Stunden geschlafen, beim Einlaufen in Trondheim (05.30) erstmals erwacht, aber sofort wieder eingeschlafen, um 09.00 aufgestanden, nach Morgentoilette gefrühstückt, dann Fussmarsch in die Stadt zum Nidaros-Dom, immerhin die Krönungskirche der norwegischen Könige. Da ein Gottesdienst stattfindet, ist eine Besichtigung nicht möglich, also nur Fotos von aussen. Mit einer deutschen Reisegruppe können wir zum Schiff zurückfahren, gratis, der Reiseleiter hat ein Bier bei mir gut. Jetzt Mittagessen, in der Schiffsboutique eine Trollfjord-Fleecejacke gekauft, da Ausverkauf, 100 NOK billiger. Nachher sitzen wir in der Panorama-Bar und lassen die Landschaft im Trondheim-Fjord an uns vorüberziehen. Dabei passieren wir einen Leuchtturm, der bis 1947 noch mit Wärter samt Familie und Lehrerin für die Kinder bewohnt war. Seit 1987 wird er nun automatisch betrieben. Nachher Siesta bis zum Nachtessen. Da ein grosses Stück über offene Seestrecke folgt, sofort wieder unruhig, was wiederum Bea nicht so gut tut. Ich gehe vorerst allein zum Essen, glücklicherweise sind wir aber bald wieder in geschütztem Gebiet, so dass Bea eine halbe Stunde später auch noch zum Essen kommt. Hauptgang ist ein wunderbarer Heilbutt, den ich mit einem feinen Sancerre begleite. Da wir morgen den Polarkreis überqueren, hat der Cruise-Director (eine Frau mit einer sehr sympathischen Stimme) einen Wettbewerb lanciert, wir sollen die genaue Zeit der Überquerung erraten, und zwar auf die Sekunde. Das einzige, was sie verrät ist, dass die Überquerung zwischen 07.00 und 08.00 stattfinden wird. Machen selbstverständlich mit. Nachher noch zu einem Schlummertrunk in die Panorama-Paar, ab in die Kabine, auf dem Discover-Channel noch eine interessante Dokumentation über die Wirkung der Kälte auf den Menschen bestaunt.
27.12.: Heute früh aufgestanden (Bea bleibt noch etwas länger liegen), um 08.20 kreuzen wir backbord die südgehende Finnmarken, die beiden Schiffe tauschen Grusszeichen mittels der Beleuchtung aus, ein kurzer Augenblick und schon ist die Finnmarken wieder verschwunden. In der Zwischenzeit hat der Cruise-Director den genauen Zeitpunkt der imaginären Überschreitung des nördlichen Polarkreise bekanntgegeben, bei exakten 7.11.26 liege ich mit meinen geschätzten 07.31. doch ziemlich daneben. Um 09.00 kurzer Aufenthalt in Òrnes. Jetzt geht es in Richtung Bodö, unser nächster längerer Aufenthalt. Wir haben steuerbord Festland und backbord grössere und kleinere Inseln, der Himmer ist grau verhangen und es herrscht ein diffuses Dämmerlicht. Kaum zu glauben, aber immer wieder entdecke ich mit dem Fernglas in der unwirtlichen und abweisenden Gegend Gehöfte und sogar kleine Weiler und ich frage mich a.) von was die Menschen wohl leben und b.) welchen Weg sie nehmen, um in die Zivilisation zu gelangen.Aber vielleicht leben sie in der Zivilisation und wir ausserhalb! Wir erreichen Bodö und ich kann nur wieder einmal mehr staunen, mit welcher Präszision dieses grosse Schiff punktgenau an die Mole gesteuert wird, ohne jegliche fremde Hilfe wohlverstanden. In Bodö ist nur die Fussgängerzone ein Besuch wert, und genau das machen wir. Nach der Rückkehr schnappen wir uns ein Bier bzw. eine Cola, verziehen uns in die Panorama-Bar und geniessen die atemberaubende Ausfahrt um den Leuchtturm von Bodö. Die Überfahrt über den Vesterfjord nach Stamsund wird wieder rau, so dass wir uns zur Sicherheit in die Kabine verziehen. Beim Nachtessen lädt mich der spleenige Engländer neben mir (dessen Name mir noch immer nicht eingefallen ist) zu einer Flasche Wein ein, verdankt und Revanche versprochen. Nach dem Nachtessen mit Bea in Panorama-Bar und Ein- und Auslaufen in Svolvaer beobachtet. Ich will Durchfahrt durch den Raftsund erleben (Verbindung zwischen den Lofoten und Vesteraelen), deshalb Wechsel in warme und windabweisende Kleidung. Eine Stunde am Bug von Deck 6 bei Windstärke 7 gestanden und die enge Durchfahrt in stockdunkler Nacht mit staunenden Augen bewundert. Nach dem An- und Ablegen in Stockmarknes ab in die Kabine (Bea schläft schon tief), Tagesbericht beendet, noch etwas gelesen (es ist inzwischen 01.40) und dann irgendwann eingeschlafen.
28.12.: Man weiss nie, wieviel Uhr es ist, es fehlt der Orientierungspunkt des Hellerwerdens. Erwache gegen acht Uhr und beschliesse, noch eine halbe Stunde zu dösen. Übliches Ritual mit Rasieren und Duschen, dann Morgenessen. Beschliessen definitiv, an der Nordkap-Tour teilzunehmen und melden uns an. Durchführung ist noch nicht sicher, da wetterabhängig. Internetkarte gekauft, bei "Blick" eingeloggt und Symbole (Wettbewerb) für die letzten drei Tage eingeprägt, eigenen Mail-Briefkasten gecheckt und Mail nach Frankreich (zu Ruth und Turi) geschickt. Um 10.30 kommt Neptun zu Besuch, beim Anblick der Menge Wasser, die über einem geschüttet wird, beschliessen wir, auf die persönliche Polarkreis-Taufe zu verzichten. Nachdem die Tour-Direktorin mittels Lautsprecher verlauten lässt, sie habe noch viele freie Plätze für die Stadtbesichtigung in Tromsø, beschliessen wir kurzfristig, uns dort anzumelden. Zuvorderst in der Panorama-Bar beobachten wir während unseres Aufenthaltes in Finnsnes einen Elektriker, der am Bug verschiedene defekte Lampen repariert oder die Birnen wechselt, wahrlich ein Saujob bei dieser Kälte. Nachher Mittagessen, unsere englischen Freunde sind auch da. Rückzug in die Kabine, Umziehen für die Stadtbesichtigung. Mittlerweile völlig dunkel, starker Schneefall, es ist aber erst halb drei am Nachmittag, aber die Dunkelheit stört uns erstaunlicherweise überhaupt nicht. Wir sind in einem zweisprachigen Bus, norwegisch und deutsch. Sehr guter Guide, dazu Buschauffeuse mit dem Namen Else. Zuerst Besuch im Tromsø-Museum, wir erfahren sehr viel über die Samen (früher nannte man sie Lappen, aber das hören sie heute nicht mehr gerne), es gibt 40'000 Samen in Norwegen, das sind 1% der Bevölkerung. In Finnland gibt es 5'000 Samen, das sind lediglich 1 Promille der Bevölkerung. In Finnland werden die Samen aber zu touristischen Zwecken "hollywoodmässig" missbraucht, in Norwegen haben sie immerhin ein eigenes Parlament, in welchem sie ihre Anliegen einbringen können, wenn auch nur in lokalen Angelegenheiten. Auch haben sie eine eigene Flagge. Die Samen in Norwegen sind auf verschiedene Regionen verteilt, die grösste Kolonie lebt, für mich überraschend, in der Hauptstadt Oslo. Nach einer schnellen Rundfahrt auf der Insel wechseln wir über die einen Kilometer lange Tromsø-Brücke hinüber zum Festland, um eines der Wahrzeichen der Stadt, die Eismeer-Kathedrale zu besichtigen.Das Mosaikfenster auf der Ostseite ist das grösste in Europa. Die Orgel, die die Form eines Schiffes hat, ist in einem erbärmlichen Zustand, eine grosse Pfeife ist abgebrochen, eine fehlt ganz. Auf meine Frage erklärt der Guide, man habe beim Bau schlechtes Material benutzt, man sei jetzt am Geldsammeln für eine neue Orgel. Rückfahrt zum Schiff, Auslaufen ist gemäss Fahrplan um 18.30. Der Bus der deutschen Reisegruppe "Blitz" kommt auf den letzten Drücker. Pünktlich laufen wir aus, rückwärts, wir sind schon fast in der Position, um die Maschinen auf "vorwärts" zu schalten, als die Trollfjord plötzlich zur Anlegestelle zurückkehrt. Grund ist eine Eigenart der Hurtigruten: in jedem Hafen haben Besucher ungehindert Zutritt auf das Schiff, mittels Lautsprecher-Durchsage werden diese dann jeweils rechtzeitig vor dem Auslaufen zum Verlassen des Schiffes aufgefordert. Diese Aufforderung scheint eine norwegische Familie mit zwei kleinen Kindern überhört zu haben, also werden sie zurück an Land gebracht. Unglaublich, aber wahr. Nachtessen, ich revanchiere mich mit einem Sancerre bei unseren englischen Freunden. Bea geht zu Bett, ich noch schnell in die Panorama-Bar zu einem Glas Rotwein. Um fünf vor zehn in der Kabine, Bea liest noch, ich schreibe Tagesbericht fertig, lese noch etwas und schlafe irgendwann ein.
29.12.: Schlechte Nacht, fand den Schlaf nicht, deshalb gelesen bis drei Uhr in der Frühe. Um 09.00 aufgestanden, geduscht und dann zum Brunch. Haben heute ja die Nordkap-Tour gebucht, deshalb keine Möglichkeiten zum Mittagessen. Vor der Tour aber noch die Möglichkeit einer Brückenbesichtigung wahrgenommen, faszinierend dieser Kommandostand da oben. Man fährt mit GPS, der Kurs wird über den Computer eingegeben und der Autopilot übernimmt den Rest. Wendepunkte sind kurz zu bestätigen. Die normale Reisegeschwindigkeit beträgt 15 Knoten, bei dieser Geschwindigkeit verbrauchen wir rund 1200 Liter Diesel pro Stunde. Würden wir mit der möglichen Höchstgeschwindigkeit von 18 Knoten laufen, so würde sich der Verbrauch fast verdoppeln, nämlich auf 2200 Liter pro Stunde. Echolot ist selbstverständlich auch vorhanden, das jederzeit die Wassertiefe unter dem Kiel misst. Nur die Hafenein- und ausfahrten werden manuell gesteuert. Es mutet schon fast antiquiert an, das trotzdem noch die alten Seekarten an Bord vorhanden sind. Nach dem Anlegen in Honningsvøg besteigen wir die Busse, um zum 40 km entfernten Nordkap zu fahren.Es geht dabei über einen tief verschneiten Pass. Den Wintertourismus zum Kap hat man erst vor einem Jahr gestartet, deshalb dürfen im Winter nur Busse die letzten 4 km hochfahren. An der Spitze fährt ein Schneepflug, der uns auch wieder zum Checkpoint zurückbegleiten wird. Am Kap erwartet uns ein Wunder: kein Nebel, kein Schneefall und vor allem kein Wind, was schon im Sommer eine Seltenheit ist, im Winter aber höchstens einmal vorkommt, ausgerechnet heute. Wir betrachten die Ausstellung, sehen einen ausgezeichneten Videofilm und besuchen den obligaten Souvenirshop. Als wir zu den Bussen zurückkehren, erwartet uns ein weiteres Wunder: erstmals auf dieser Reise wird ein Teil des Mondes sichtbar und sogar ein Stern blinkt vom Himmel. Die Rückfahrt findet zum Teil dann aber im Nebel statt, eine Viertelstunde vor dem Auslaufen sind wir wieder im Hafen. Ca. 3 Meilen ausserhalb findet dann noch eine Übung für die Mannschaft statt, ein Schlepper nimmt uns für kurze Zeit an die "Leine", nachher Übungsabbruch und weiter nach Fahrplan. Bis zu zu unserem Wendepunkt Kirkenes fahren wir praktisch nur noch über offene See, so dass es rau werden könnte. Kurz nach Honningsvøg fängt es an zu schütteln, Bea bleibt im Bett, während ich noch zum Nachtessen gehe. Bei einem kurzen Stop in Mehammn bringe ich ihr zwei Brötchen, nach dem Dessert gehe ich auch zu Bett, um mein Schlafmanko zu reduzieren.
30.12.: Nach einer rauen Nacht über die offene Barentsee erreichen wir um 10.15 Kirkenes, den Wendepunkt unserer Schiffsreise. Nach dem Frühstück machen wir einen Spaziergang ins Zentrum von Kirkenes. Diese kleine Stadt wurde im 2. Weltkrieg nach Malta am häufigsten bombardiert und zwar von den Allierten, da Kirkenes für die deutschen Erzlieferungen von zentraler Bedeutung war. Das Spazieren bei trockener Kälte und knirschendem Schnee unter den Füssen tut gut, wir sind rechtzeitig zurück, da nach dem Auslaufen wieder raue See angesagt ist, möchte Bea in Ruhe vorher noch etwas essen. Ich trinke nach dem Essen noch in Ruhe ein norwegisches Weihnachtsbier (dunkel) und verziehe mich dann auch in die Kabine, da wie bereits erwähnt offene Seestrecke angesagt ist und es deshalb nichts Interessantes zu sehen geben wird. Zum Nachtessen bleibt Bea im Bett, ich bringe ihr etwas, was sie auch isst. Nach dem Nachtessen noch gemütliches Zusammensitzen mit unseren englischen Freunden, bei dieser Gelegenheit fällt mir endlich wieder der Name meines Weinfreundes ein, er heisst ganz einfach Dennis. Kurz nach dem Auslaufen aus Berlevang kreuzen wir unser nordgehendes Schwesterschiff, die MS Midnatsol (wo so viel heisst wie Mitternachtssonne), nachher ist auch für mich Feierabend, schliesslich feiern wir ja morgen Silvester, und da möchte ich fit sein.
31.12.: Nach einer ruhigen Nacht um neun Uhr aufgestanden, geduscht, Bea das Frühstück gebracht (sie bleibt wegen der etwas rauen See noch etwas liegen), selbst gefrühstückt, einer der Kellner hat wieder seine üblichen Sprüche auf Lager, die Engländer und ich bleiben ihm aber nichts schuldig. Dann Einlaufen in die nördlichste Stadt der Welt, Hammerfest, genossen, Fussmarsch zum Eisbären-Club, um dort Ehrenmitglied zu werden. Ziel dieses Clubs ist, Hammerfest als das zu erhalten, was es immer war, nämlich a.) die nördlichste Stadt der Welt und b.) ein grosses Fischereizentrum. Deshalb ist die Stadt auf die Idee mit dem Club gekommen. Ehrenmitglied wird man durch Bezahlung einer einmaligen Gebühr, man erhält einen Mitgliederausweis, ein Zertifikat und darf fortan jährlich an der immer am dritten Sonntag im Januar stattfindenden Generalversammlung teilnehmen, was für uns eher schwierig sein wird. Noch etwas shoppen, dann zurück aufs Schiff, Mittagessen, Wein für Silvesterdinner vorbestellt, nachher in die Panorama-Bar zum Bier und Ansichtskarten schreiben. Anschliessend in die Kabine, um noch etwas zu relaxen, heute feiern wir ja schliesslich Silvester in Tromsø mit einem Viergang-Menu, da wollen wir fit sein. Gutes Dinner, ausgelassene Stimmung. Nach dem Nachtessen werden wir von vier schottischen Ladies zu einem "New Year Eve"-Drink in ihre Kabine eingeladen, es ist unheimlich gemütlich und wir fühlen uns wohl. Gegen 23.30 gehen wir auf Deck "nine" (Open Air), wo wir einen fantastischen Rundblick auf Tromsø geniessen, rund herum Feuerwerk, tief verschneite Berge, an einem Hang steht gross die Jahrzahl 2003, die dann pünktlich um 24.00 auf 2004 wechselt (Brauch geht auf die Widerstandskämpfer im 2. Weltkrieg zurück), Es gibt Champagner, gestiftet von der Reederei, ein eigenes Feuerwerk hat das Schiff auch noch auf Lager. Nachher ziehen wir uns in die Panorama-Bar zurück, wo schlussendlich Dennis und ich bis 02.40 über die täglichen Sorgen philosophieren. Dann ist auch für mich Schluss.
1.1.: Nach einer kurzen Nacht wie vereinbart um 09.00 zum Champagner-Frühstück, welche Überraschung: aus mir heute noch nicht erklärlichen Gründen ist die Bedienung der Meinung, ich habe Geburtstag, sie hat den Tisch wunderschön geschmückt, eine dänische Kellnerin singt sogar ein Geburtstagslied in ihrer Landessprache für mich. Um sie nicht zu enttäuschen, spielen wir die Show mit und so kommen halt Passagiere und gratulieren mir. Nissa, der Oberkellner, hat seine Show und er zieht sie gnadenlos durch, "let us play the game" also. Nach diesem Überraschungsfrühstück gehen Bea und ich in die Panorama-Bar und geniessen die vorüberziehende Landschaft. Da wir schon wieder etwas weiter nach Süden gekommen sind, ist es recht hell und ein rötlicher Schein am Himmel lässt erahnen, wo die Sonne sein könnte. Kurzes Mittagessen (Makkaroni-Suppe), dann Schlaf nachholen, für mich aber nur kurz, da ich in Stockmarknes die alte Finnmarken fotografieren und um 16.00 die Einfahrt in den Raftsund mitbekommen will. In Stockmarknes (Ursprung und Heimat der Hurtigruten) also kurz vom Schiff (Bea schkläft weiter), die Finnmarken fotografiert, wieder rauf aufs Schiff, das Auslaufen beobachtet, dann dreiviertel Stunden bei eisigem Wind die Einfahrt in den Raftsund mitgenommen, heute kein Schneefall, im Gegenteil, ein milchiger Halbmond steht am Himmel und beleuchtet die Naturszenerie. Nachher ebenfalls ab in die Kabine, mir fehlt immer noch etwas Schlaf. Ich bin sicher, dass die Geburtstagsshow beim Nachtessen noch weitergeht, und ich täusche mich nicht. Schon am Eingang zum Speisesaal nimmt mich eine hübsche Kellnerin am Arm und führt mich an den Platz. Mittlerweile gibt mir Nissa so durch die Blume zu verstehen, dass er weiss, dass ich nicht Geburtstag habe, aber für ihn ist das auch eine inszenierte Show, an der er selber den Plausch hat. Das Ganze gipfelt dann im offiziellen Aufmarsch der Bedienung, mit Gesang und norwegischen Flaggen und Überreichung der Geburtstagstorte. Zudem werde ich offiziell geküsst und das ganze wird vom Bordfotografen bildlich festgehalten. Was für ein Aufwand für etwas, das nicht den Tatsachen entsprach! Nachher noch Kaffee in der Panorama-Bar, aufgemotzt durch Richard's Brandy aus der Cola-Flasche (zum Verständnis: Alkohol ist auf dem Schiff sehr teuer, darum haben die Engländer den Brandy von zu Hause mitgenommmen und jeweils zur Tarnung ein wenig in eine leere Cola-Flasche abgefüllt). Wir sind wieder diesselbe Bande, unsere vier englischen Tischnachbarn, Jilly aus Australien und die vier schottischen Ex-Krankenschwestern, die dann zur Feier des Tages noch ein paar schottische Lieder anstimmen. Die See wird mittlerweile etwas rauer, wir queren auf offener See den Vesterfjorden Richtung Bodö, welches wir gegen 01.30 erreichen werden, nach der gestrigen langen Nacht wird es Zeit, zu Bett zu gehen, was wir auch tun.
2.1.: Ganz langsam nähern wir uns wieder dem Ausgangspunkt unserer Reise, Bergen. Man merkt es auch daran, dass die Tage heller werden. Um 09.00 Frühstück, plaudern und albern mit Nissa, der uns erzählt, dass er in Mo i Rana wohne und deshalb, wenn er frei habe, jeweils in Nesna von Bord gehe und von dort mit dem Auto noch ca. 70 km zu fahren habe. Nesna ist auch heute der erste Hafen, den wir in wachem Zustand erleben, wir steigen aber nicht aus, weil es infolge leichter Verspätung nur ein kurzer Stopp wird. Nächster Halt ist Sandnessjøen, hier gehen wir von Bord, um uns a.) ein wenig die Füsse zu vertreten und b.) gleichzeitig auch zu shoppen. Wir nutzen die Stunde, die uns zur Verfügung steht, für Nissa kaufe ich noch eine Flasche Rioja. Auf der Fahrt von Sandnessjøen nach Brønnøysund stehen die "sieben Schwestern", ein bekanntes Bergmassiv mit sieben Gipfeln zwischen 900 und 1100 m hoch. Der Sage nach handelt es sich dabei um sieben weibliche Trolle, die nicht rechtzeitig vor Sonnenaufgang in ihre dunkle Behausung zurückkamen und deshalb auf der Stelle zu Stein erstarrten. In Brønnøysund steigen wir nicht aus, ruhen ist angesagt. Kurz nach Brønnøysund liegt zwar noch der Berg Torgatten mit seinem markanten Loch mitten in der Felswand. Wegen der bereits herrschenden Dunkelheit ist dieses Loch aber sowieso nicht zu sehen. Um sieben Uhr wie gewohnt Nachtessen, es gibt eine Schalentier-Vorspeise auf kaltem Nudelbett, nachher ein zartes und saftiges Hähnchen mit Wildreis, dazu trinken Dennis und ich einen Croze Hermitage von Jaboulet. Zum Schluss gibts die übliche übersüsse Süssspeise. Jetzt ist auch Zeit und Gelegenheit, Nissa seine Flasche "Sigla Crianza" zu übergeben, er zeigt echte Freude und bedankt sich überschwänglich. In der Zwischenzeit haben wir Rørvik angelaufen, hier liegt zu gleichen Zeit die nordgehende Polarlys, welche Bea, Dennis, Richard und ich für einen kurzen Drink besichtigen. Auch dieses Schiff hat ein sehr schönes Interieur, aber alles wirkt ein bisschen schwerer und enger, im Dienst ist dieses Schiff seit 1996 und gehört der selben Reederei wie die Trollfjord. Nachher zurück in die Panorama-Bar zu einem Abschiedstrunk mit Jilly und Dennis, sie verlassen morgen in Trondheim das Schiff und fahren nach einer Nacht dort mit dem Zug nach Oslo, von wo sie nach einer weiteren Nacht zurück nach England fliegen. Um 23.00 ist auch für mich Schluss und ich verziehe mich schwankend (wir laufen über die offene Foda-See, die recht rau ist) in die Kabine, wo Bea noch am Lesen ist. Ich beende noch den Tagesbericht, lese wie gewohnt und werde irgendwann einmal den Schlaf finden.
3.1.: Wecker zweifach gestellt auf 07.15 (Handy und Palm), um uns von Jilly und Dennis zu verabschieden, die uns heute Morgen in Trondheim verlassen, um mit der Bahn nach Oslo zu fahren, auch eine hübsche Kombination. Wir sind um acht Uhr im Speisesaal und nutzen die letzten Minuten intensiv, um uns von diesen liebenswerten Menschen zu verabschieden. Die Trennung fällt uns schwer, doch das ist der Lauf des Lebens. Nachher gehen Bea und ich im tiefen Schneegestöber dreiviertel Stunden laufen, das tut uns gut. Hinter der Trollfjord liegt übrigens die nordgehende Narvik, eines der älteren Schiffe. Den Rest des Morgens verbringen wir in der Panorama-Bar und bewundern die vorüberziehende Landschaft. Gleich nach dem Auslaufen aus Trondheim erscheint an der Steuerbordseite (das ist rechts) die Insel Monkholm, hier wurde von Knut dem Mächtigen seinerzeit ein Kloster gegründet, später wurde daraus ein Gefängnis, heute ist es ein Museum und eine Touristenattraktion. Später taucht dann noch, auch an der Steuerbordseite, die Fossen-Werft auf, hier wurden die Trollfjord und ihr Schwesterschiff, die Midnatsol gebaut. So wie es jetzt aussieht, hat die Werft zurzeit keinen Auftrag, denn das Trockendock ist leer. Nach dem Mittagessen (es gibt heute leider keine Suppe) verzieht sich Bea in die Kabine und ich in die Panorama-Bar zum obligaten Jule-Bier (dunkles Weihnachtsbier). Bis zum Auslaufen aus Kristianssund bleibe ich auf Deck 8, Bea gesellt sich auch noch dazu, dann ab in die Kabine und ein wenig relaxen. Gegen 17.30 beginnt wieder eine offene Seestrecke, die zwei Stunden dauert und verhindert, dass Bea zum Nachtessen kommt, doch diesmal ist es nicht nur der Seegang, irgendwie plagt sie auch der Thon vom Mittag. Ich bringe ihr drei Brötchen und während des einstündigen Aufenthaltes in Molde packt sie die Koffer, es ist leider unser letzter Abend auf der Trollfjord. Während des Nachtessens kreuzen wir noch die MS Lofoten, das älteste Schiff der Hurtigruten, sie springt im Winter für die in die Antarktis gehende Nordlys ein, macht aber im Sommer Touren nach Spitzbergen und ist während dieser Zeit vom Hurtigrutendienst befreit. Nach dem Nachtessen noch in die Panorama-Bar zu einem Glas Wein, die schottischen Nursen und Audrey und Richard sind ebenfalls dabei. Um halb elf ab in die Kabine, die Koffer sind gepackt. Bea geht es besser und sie liest noch. Heute Nacht zwischen 02.30 und 04.30 erwartet uns die letzte offene Seestrecke, der Stadthavet. Gegen 14.30 sollte dann Ankunft in Bergen sein, wo wir noch eine Nacht verbringen werden.
4.1.: Nach einer relativ ruhigen letzten Nacht geht der Wecker um 06.30 "hoch". Nach dem Duschen nehme ich den ersten Koffer mit zum Lift, die Schiffsmannschaft wird dafür besorgt sein, dass das Gepäck in Bergen am Kai sortiert wird. Über die Reiseleiterin Wilma, die perfekt Norwegisch, Englisch und Deutsch spricht, können wir einen Bustransport direkt zum Hotel organisieren, wir machen natürlich davon Gebrauch. Beim Morgenessen die bekannten Gesichter, man kennt sich zwischenzeitlich und grüsst sich. Nach dem Morgenessen machen wir unser Gepäck definitiv bereit, so dass wir die Kabine, wie von der Schiffsleitung gewünscht, um 12.00 verlassen können. Wir wandern zur Panorama-Bar, der zweite Koffer kommt natürlich mit. Fløre war gegen 08.00 der letzte Anlaufhafen, jetzt sind wir ca. sieben Stunden auf See und befahren eine Strecke, die wir auf der Hinfahrt in der Nacht zurückgelegt haben, landschaftlich interessant mit engen Passagen und häufigem Zickzack-Kurs, um den Klippen auszuweichen. Dann wieder eine offene Seestrecke über den Ausläufer des Sognefjordes, Norwegens längster Fjord mit 200 km und einer durchschnittlichen Wassertiefe von 1500 m. Wir kommen langsam wieder in eine zivilisierte Gegend, erkennbar durch die zunehmende Anzahl von Ferien- und Weekendhäuschen an der nahen Küste links und rechts der Fahrrinne. Das letzte Mittagessen folgt, vorgesehene Einlaufzeit in Bergen ist 14.30. Es folgt die allgemeine Verabschiedung, viele Bekanntschaften wurden gemacht, Freundschaften geschlossen, diese künftig zu pflegen und die Kontakte nicht abreissen zu lassen, dies liegt nun alleine an uns. Ein schönes Kompliment erhalten wir von einer Kellnerin, die uns als ausserordentlich nette Gäste bezeichnet und uns sehr gerührt verabschiedet, natürlich gilt unser Abschied auch Nissa, dem Food-Manager, wie wir in der Zwischenzeit erfahren haben. Das Einlaufen in Bergen verfolgen wir aus der Panorama-Bar, es ist einfach erstaunlich und faszinierend, mit welcher Pünktlichkeit auf diesen 2500 sm gefahren wird, die Uhr am Terminal springt genau auf 14.30, als die uns lieb gewordene Trollfjord am Kai anlegt. Mit dem erwähnten Bus fahren wir direkt vor das Hotel First Marin, beziehen unser Zimmer und dann - wie bescheiden nach 11 Tagen kulinarischer Verwöhntheit - einen auch in Norwegen nicht fehlenden McDonald's, um die langersehnten Pommes Frites "hereinzuziehen", wirklich das einzige, was zumindet ich vermisst habe. Zurück im Zimmer wird dieser Tagesbericht geschrieben, Television, das übliche Lesen und das letzte Mal Schlafen in Norwegen.
5.1.: Das lausige Bett im First Marin verhindert eine wohltuende Nacht, mit zerschundenem Rücken geht's unter die Dusche, nachher Frühstück. Shoppen ist an diesem letzten Tag in Norwegen angesagt, bei kaltem, aber trockenen Wetter, aufpassen muss man nur beim Laufen, es ist teilweise brutal glatt. Wir geben noch etwas Geld aus, trinken einen Kaffee, fotografieren die Kulisse von Bryggen (der ehemalige Hanse-Kontor) und kehren gegen 13.00 ins Hotel zurück. Um 13.30 kommt das bestellte Taxi, der Chauffeur entpuppt sich als Kenner der Schweiz, war er doch einige Jahre bei uns als Skilehrer an verschiedenen Orten tätig, ja er besitzt sogar eine Wohnung in Domat-Ems, die er jedes Jahr im Februar für zwei Wochen belegt. Wie klein ist doch die Welt! Im Flughafen Bergen-Flesen (so heisst dieser nämlich) überbrücken wir die Wartezeit mit der Geltendmachung der Mehrwertsteuer für unsere Einkäufe (wir erhalten noch rund SFr. 80.00 zurück) und Herumsitzen. Der Ablug erfolgt leicht verspätet, aber dank des über der Nordsee herrschenden Rückenwindes erreichen wir Amsterdam pünktlich, was uns Zeit gibt, um das Gate für den Anschlussflug nach Zürich zu wechseln. Aufgrund des wie immer starken Luftverkehrs über Europa gibt es auch hier eine 20minütige Verzögerung, aber auch Richtung Schweiz kommt der Wind von hinten, so dass wir genau zur vorgesehenen Zeit in Zürich-Kloten landen. Noch ein Wort zur Verpflegung an Bord: man merkt, dass es den Airlines nicht so gut geht, die Verpflegung ist wirklich lausig, und das ist noch freundlich ausgedrückt. Bea und ich haben uns entschlossen, das ganze Gepäck mit Zug nach Hause zu nehmen; da wir noch fast eine Stunde Zeit haben, bis uns die S2 nach Siebnen-Wangen bringt, verpflegen wir uns im Flughafen noch kurz, besorgen in der Migros noch etwas für das erste Frühstück in der Schweiz nach 14 Tagen und karren dann unsere Bagage auf den Bahnsteig, belegen zwei Abteile und öffnen müde um 23.35 unsere Wohnungstüre. Willkommen zu Hause!